turi2 edition #19: Stephan Deuschle und Stefan Bumiller über Echtheit und Ear-Catcher.

Audio-Advokaten: Die Agentur-Chefs Stephan Deuschle und Stefan Bumiller wissen, wie stark ein “unverwechselbarer Sound” auf die Marke einzahlt. Dank einem breiten Sammelsurium unterschiedlicher Design-Möglichkeiten seien der Fantasie dabei keine Grenzen gesetzt. Im Interview in der turi2 edition #19 erklären sie, warum die perfekte Spot-Stimme unperfekt sein darf und warum “Die kleine Nachtmusik” in der Warteschleife besser verstummen sollte.

Von Roland Karle

 

Stephan, nach einem Vierteljahrhundert Erfahrung und über 50.000 produzierten Audiospots solltest du es wissen: Welche Zutaten braucht ein erfolgreicher Spot?
Stephan Deuschle: Kurz gesagt: Kreation und Text müssen herausragend, die Stimmen authentisch und die Produktion perfekt sein.

Kurbelt Radiowerbung wirklich so stark den Absatz an, wie es immer heißt?
Stefan Bumiller: Dafür gibt es viele Studien und Belege aus der Praxis. Gerade jüngst haben wir für eine regionale Fitnessstudio-Kette einen Ear-Catcher produziert, der dem Kunden 800 neue Verträge an einem Wochenende gebracht hat.

Lässt sich vorhersagen, wie gut ein Spot funktionieren wird?
Stefan: Das hängt leider nicht nur von der Produktion ab. Die Mediaplanung muss passen und somit die Werbung die gewünschte Zielgruppe auch erreichen. Kreation, Media und Umsetzung bestmöglich aufeinander abzustimmen, das ist der Schlüssel. Und das Budget spielt eine Rolle: Selbst der schlechteste Spot kann wirken, wenn er nur oft genug gesendet wird.

Wie viel Geld für Kreation und Media ist mindestens nötig, damit eine Audio-Kampagne nicht überhört wird?
Stefan: Du kannst im lokalen Radio schon mit vierstelligen Summen erfolgreiche Kampagnen fahren, im regionalen Hörfunk wird es fünfstellig, für einen nationalen Auftritt braucht es gut sechsstellige Beträge. Im Medienvergleich bietet Radio ein hervorragendes Preis-Leistungsverhältnis, das wird leider zu oft übersehen.

Wie wichtig ist die Stimme im Spot?
Stefan: Sie muss einfach perfekt zur Idee passen, authentisch und glaubwürdig sein. Deshalb ist ein Casting der Stimmen wichtig. Was aber nicht heißt, dass nur Profisprecher zum Zug kommen. Manchmal sind der unbedarfte Schüler, die schwäbische Hausfrau oder ein Großvater, der vielleicht noch nie in ein Mikrofon gesprochen hat, die optimale Wahl.

Stephan: Bei einer Kampagne für Badischen Wein bekamen wir ungewöhnlich viele und begeisterte Rückmeldungen. Sie bezogen sich auf den Jingle, gesungen von einer jungen Psychologiestudentin, die nur nebenher als Sängerin arbeitet. Ihre einzigartige Stimme, irgendwo zwischen Adele und Norah Jones, hat aufhorchen lassen. So was bringt Marken einen hohen Erinnerungswert.

Ist Humor ein Garant für wirkungsvolle Audiowerbung?
Stephan: Na ja, auf jeden Fall ein probates Mittel, um im Werbeblock aufzufallen. Aber es ist ein schmaler Grat zwischen gutem Humor und peinlichem Flachwitz. Wir haben festgestellt, dass sich Werbungtreibende oft nicht trauen und eine witzige Kreation dann doch ablehnen. Da dürften sie ruhig mutiger sein.

Welche Rolle spielt Musik?
Stephan: Musik ist ein emotionaler Treiber und in ihrer Wirkung nicht hoch genug einzuschätzen. Tolle Stimme und wertige und passende Musik sind eine unschlagbare Kombination. Wir haben für etliche Kunden Jingles, Audiologos und Musik – also Corporate Audio – entwickelt, die zum festen Kern ihrer Audiokampagnen geworden sind.

Wie hat digitale Technik die Audio-Kommunikation verändert?
Stephan: Ganz massiv. Wir schalten jedwede gewünschte Stimme binnen Minuten aus der ganzen Welt online zu und können dabei gleich unsere Kunden in die Produktion live einbinden, damit sie sofort eine Vorstellung von den Aufnahmen bekommen. Das war Ende der 90er, als wir losgelegt haben, undenkbar.

Stefan: Die Klangqualität hat sich enorm verbessert, und die Geschwindigkeit, in der wir arbeiten. Es kommt vor, dass ein Kunde innerhalb von ein, zwei Stunden einen komplett neuen Spot getextet, abgestimmt und produziert bekommt. Der kann am selben Tag noch gesendet werden.

Welche neuen Möglichkeiten tun sich dadurch für das Sounddesign auf?
Stephan: Es gibt so viele verschiedene Sprecherstimmen, klassische und elektronische Sounds von Instrumenten, Atmosphären, Geräusche und so viel mehr. Die Grenze setzen eigentlich nur unsere eigene Phantasie und Kreativität. Ein Thema, das uns aktuell total fasziniert und das groß werden wird, ist 3-D-Audio in der Werbung.

Was heißt das konkret?
Stephan: Wir werden künftig nicht nur auf Stereo-Ebene ein Auto von links nach rechts fahren lassen können. Es wird hörbar gemacht, wie uns eine Biene um den Kopf kreist, der Friseur mit seiner Schere klappert oder ein Hubschrauber von vorne unten links nach hinten oben rechts fliegt. Im Prinzip ist das wie im Kino mit Dolby Atmos. Da entstehen wundervolle Effekte, vor allem bei der Nutzung mit Kopfhörern.

Wie teuer ist professionelle Technik?
Stephan: Da bewegen wir uns schnell im Bereich von mehreren hunderttausend Euro. Ein erstklassiger Studiobetrieb mit State-of-the-art-Technik und gutem Akustikbau ist kaum günstiger zu haben.

Sollten Marken ein eigenes Audio-Logo haben?
Stephan: Gegenfrage: Warum geben Firmen enorm viel Geld für grafische Logos und Corporate Design aus? Grundsätzlich ja nicht verkehrt, aber wenn du bei denen anrufst, erwartet dich oft “Die kleine Nachtmusik” in der Warteschleife. Da fällt einem nichts mehr ein. Wer Wert legt auf Markenbildung, soll sich unbedingt mit seinem Audio-Auftritt beschäftigen. Das ist keine Frage des Budgets, sondern des Mindsets. Wir konnten im Lauf der Jahre viele Kunden davon überzeugen, wie sinnvoll ein individuell gestaltetes Soundkonzept ist. Ein unverwechselbarer Sound zahlt mit eigener Stimme, Musik und Audio-Logo auf die Marke ein – und zwar mit jeder einzelnen Schaltung im Radio, online, auf Social Media, im Kino und TV, in der Warteschleife. Die Telekom war hier immer ein sehr gutes Vorbild.

Stefan: Es gibt leider auch negative Vorbilder. Eine bekannte Baumarktkette hat jüngst sein Audio-Logo im Spot gestrichen mit der Begründung, damit Werbegeld zu sparen – für eine Fünf- Sekunden-Akustik. Ein Riesenfehler. Oder kennst du eine Marke, die ihr Logo auf einer Anzeige weglässt?

Wie treffsicher sind Zielgruppen dank digitaler Audio-Werbung heute zu erreichen?
Stefan: Die Targeting-Möglichkeiten sind mittlerweile genauso ausdifferenziert wie in der Online-Display-Vermarktung, wenn nicht sogar besser. Du kannst sogar über Data-Management-Plattformen zig soziodemografische Targetings aufsetzen, sei es für Brillenträger, Bier- oder Weintrinker, Veganer oder Küchenkaufinteressierte.

Wie gut lässt sich das messen?
Stefan: Im Vergleich zu UKW-Zeiten wissen wir vorher, wie viele Kontakte wir tatsächlich erreichen. Wenn wir Audio- mit Display-Werbung ausspielen, können wir Klickraten und per Tracking-Link sogar die Wege der User auf die Kundenhomepage verfolgen. Testkampagnen bestätigen massiv höhere Klick- und Reaktionsraten.

Welches Potential hat Podcast-Werbung?
Stefan: Corona hat Podcasts geboostert, sie sind für User zu einem gelernten, beliebten Kanal geworden. Dort findet Info-Entertainment statt, für Werbende und Sponsorpartner ist der thematische Kontext entscheidend. Podcasts sind gut fürs Image, aber als Absatz- und Abverkaufsmedium sehen wir sie nicht.

Quelle: turi2 edition #19

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